1. Akupunktur ist eine der Säulen der Traditionellen Chinesischen Medizin
Die Akupunktur ist eine empirische Heilkunst der alten traditionellen chinesischen Tradition. Das Wort Akupunktur entstammt den beiden lateinischen Wörtern acus = Nadel und punctio = Stechen. Akupunktur stellt neben Kräuterheilkunde, Ernährungslehre (= Diätetik), Massage (= Tuina Massage), Schröpfen und Bewegungstherapie wie Qi Gong oder Tai Qi eine der Säulen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) dar. Sie basiert auf der Vorstellung, dass die Lebensenergie, das sogenannte Qi (gesprochen: tschi), den Körper auf festgelegten Bahnen, den Meridianen, entlangfließt.
Es gibt 12 Hauptmeridiane. Jeder dieser Meridiane ist einem Organ zugeordnet. Entlang dieser Meridiane befinden sich Stellen, mit deren Hilfe man über eine Stimulation dieser Punkte den Energiefluss beeinflussen und regulieren kann. Bei der Akupunktur geschieht dies mit sehr feinen, sterilen Nadeln, die in die Akupunkturpunkte gestochen werden.
2. Die Akupunktur soll den ungehinderten Energiefluss im Körper wiederherstellen
Die chinesische Lehre besagt, dass Schmerzen durch einen Energiestau auf den Meridianen verursacht wird. Durch die Stimulation der Akupunkturpunkte mit den Nadeln soll die Blockade gelöst werden, damit die Energie wieder ungehindert fließen kann. Auch ein Ungleichgewicht aus zu schwachem oder zu starkem Energiefluss – was laut TCM zu Erkrankungen wie beispielsweise einem geschwächten Immunsystem oder innerer Unruhe führt – soll durch die Regulation des Energieflusses über die Akupunkturpunkte wieder normalisiert werden.
3. Akupunktur wird bei vielen, sehr unterschiedlichen Erkrankungen eingesetzt
Basierend auf der Vorstellung des gestörten Energieflusses als Ursache einer jeden Erkrankung, wird Akupunktur in der TCM auch bei viele, sehr unterschiedlichen Erkrankungen eingesetzt. Dazu zählen unter anderem:
Akute und chronische Schmerzen, wie z.B.:
- Rückenschmerzen
- Kopfschmerzen
- Migräne
- Tumorschmerzen
- Arthrose
- Entzündungsschmerzen
Atemwegserkrankungen, wie z. B.:
- Asthma
- Heuschnupfen
- häufige Erkältungen
Vegetative Erkrankungen, wie z.B.:
- Erschöpfung
- Burn out
- Innere Unruhe
- Blutdruckschwankungen
Erkrankungen des Verdauungssystems, wie z. B.:
- Übelkeit
- Verstopfung
- Reizdarmsyndrom
Allergien, wie z. B.:
- Nahrungsmittelallergien
Hauterkrankungen, wie z. B.:
- Neurodermitis
- Akne
- Ekzeme
4. Die Wirkung und Wirkweise für Akupunktur ist in vielen Fällen nicht eindeutig belegt
Obwohl es keine morphologischen Korrelate der Akupunkturpunkte gibt, wurde in mehreren klinischen Studien die grundsätzliche Wirksamkeit einer Akupunkturanwendung auf bestimmte Indikationen – insbesondere bei der Behandlung akuter und chronischer Schmerzen – nachgewiesen. In vielen Fällen war die Akupunkturtherapie ebenso effektiv wie die Behandlung mit Medikamenten.
Beispielsweise belegt die große deutsche Akupunkturstudie (german acupuncture trials, kurz: gerac, 2005), dass bei chronischen Knieschmerzen (Gonarthrose) nach 10-15 Behandlungen die Beschwerden stärker reduziert werden können als nach einer gemäß Leitlinien durchgeführten Standardtherapie. Auch bei der Behandlung von Migräne mit Akupunktur zeigte sich, dass die medikamentöse Standardtherapie nicht überlegen ist und sich die Anzahl an Migränetagen durch Akupunktur deutlich verringerte – sogar noch 6 Monate nach der Behandlung. In beiden Fällen – Migräne und Gonarthrose – war somit eine medikamentöse Therapie nicht überlegen.
Man vermutet aus schulmedizinischer Sicht an den Stichstellen feine Durchtrittspunkte von Gefäßnervenbündeln, deren Stimulation eine Ausschüttung von schmerzlindernden Botenstoffen bewirkt. Mehrere Studien wie beispielsweise auch die gerac-Studie zeigten jedoch, dass die Akupunkturanwendung einer Scheinbehandlung nicht überlegen ist. Dazu wurden in diesen Studien bei Patienten in der Kontrollgruppe die Nadeln nicht in die spezifischen Akupunkturpunkte gestochen, sondern wahllos an andere Stellen des Körpers.
Die positiven Ergebnisse gerade bei der Behandlung akuter und chronischer Schmerzen durch die Nadelstiche – unabhängig von der Einstichstelle – lässt sich dadurch erklären, dass der leicht schmerzende Nadelstich das System der Schmerzregulation anregt. Dabei werden unter anderem körpereigene, schmerzhemmende Botenstoffe wie Endorphine, Serotonin und Enkephaline ausgeschüttet, die eine Schmerzweiterleitung zum Gehirn hemmen. Gleichzeitig wird die Ausschüttung von schmerzverstärkenden Botenstoffen wie Substanz P und entzündungsverstärkenden Stoffen wie Interleukin 1ß gehemmt.
Ferner belegen diverse Studien mit Kernspinnaufnahmen des Gehirns während einer Akupunkturbehandlung, dass Akupunktur zu einer Veränderung im limbischen System, der Verarbeitungsstelle der Empfindungen wie unter anderem Schmerz, führt. Dadurch kommt es zu einer verbesserten Schmerzverarbeitung.
5. Es sind etwa 10-15 Akupunkturbehandlungen à 30 min für einen anhaltenden Behandlungserfolg notwendig
Während einer Akupunkturbehandlung verbleiben die sehr feinen, sterilen Einmalnadeln für ca. 30 Minuten im Körper. Die ersten Verbesserungen können bei einigen Patienten mit akuter Symptomatik schon nach der ersten Anwendung eintreten. Für einen stärkeren und länger anhaltenden Effekt sind jedoch meist 10-15 Akupunktursitzungen notwendig.
Grundsätzlich gilt: Je länger eine Erkrankung besteht, desto mehr Anwendungen sind notwendig. Bei chronischen Erkrankungen sind erste Verbesserungen meist erst nach der dritten bis sechsten Anwendung zu bemerken. Die Anzahl der Sitzungen bestimmt der behandelnde Arzt und richtet sich nach der Erkrankung und dem Schweregrad.
Viele Ärzte gehen davon aus, dass der Körper nach 10 bis 12 Sitzungen eine Anpassungszeit benötigt, die ein bis drei Monaten dauern kann. Daher ist es möglich, dass nach dieser Phase neuerliche Behandlungen zu einer weiteren Verbesserung führen können.
Ein weiterer positiver Effekt der Behandlung ist, dass der Patient während der dreißig minütigen Behandlung auf einer Liege liegt und sich entspannen kann. Stress und Hektik werden abgebaut. Dies wirkt sich ebenfalls positiv auf den Gesundheitszustand aus, da die durch Stress ausgeschütteten Botenstoffe im Körper, die beispielsweise ein Migräneauslöser sein können, reduziert werden.
6. Ruhe während der Behandlung und ein Vertrauensverhältnis zum behandelnden Arzt sind wichtige Aspekte der Akupunktur
Wenn eine Akupunkturbehandlung nicht die gewünschten Erfolge erzielt, kann dies zum einem an der Erkrankung selbst liegen (es ist eine sich stätig verschlechternde [degenerative] Erkrankung), dem Schweregrad der Erkrankung oder aber auch an den äußeren Rahmenbedingungen. Folgende Punkte sind wichtig für eine erfolgreiche Akupunkturtherapie:
- Es besteht ein Vertrauensverhältnis zum behandelnden Arzt.
- Der behandelnde Arzt führt die Akupunktur selbst durch.
- Die Behandlung erfolgt in einem eigenen, ruhigen Raum.
- Die Raumtemperatur ist für Sie angenehm.
- Sie fühlen sich sicher und gut aufgehoben.
- Sie können sich jederzeit bemerkbar machen, wenn etwas nicht in Ordnung ist.
- Die Behandlungen finden in einem regelmäßigen Abstand statt.
- Der behandelnde Arzt hat eine ausführliche Anamnese durchgeführt, um alle Aspekte Ihres Gesundheitszustandes in die Ausarbeitung Ihrer Behandlung einfließen zu lassen.
- Der behandelnde Arzt hat Sie ausführlich über die Behandlung aufgeklärt.
- Der behandelnde Arzt erläutert während der Behandlung, was er tut und warum.
- Entspannen Sie sich während der Behandlung und lassen den Stress von sich abfallen.
Bei Erkrankungen mit unklarer Diagnose, infektiösen oder fieberhaften, psychiatrischen Erkrankungen oder Krebsleiden sollte von einer Akupunktur Abstand genommen werden. Schwangerschaft und Blutungsneigung stellen sich als relative Kontraindikationen dar. Wenn die Akupunkturbehandlung von Ungeübten ausgeführt wird, können leichte Komplikationen wie Schmerzen oder Hämatome an den Stichstellen auftreten.
7. Neben der klassischen Akupunktur mit Nadeln werden noch weitere Abwandlungen unterschieden
Bei der klassischen Akupunktur werden sehr feinen, sterilen Einmalnadeln in einzelne Akupunkturpunkte entlang der Meridiane gestochen. Dabei unterscheidet man die Ohrakupunktur (erfolgt nur an der Ohrmuschel) und die Schädelakupunktur (erfolgt nur über der Schädeldecke) noch einmal von der allgemeinen Körperakupunktur. Es gibt aber auch technische Variationen der Ausführung.
- Elektroakupunktur: Die Akupunkturpunkte werden mittels ungefährlicher, elektrischer Reize stimuliert.
- Laserakupunktur: Anstelle der Nadeln wird ein Niedrigenergie-Laser zur Stimulation der Akupunkturpunkte eingesetzt.
- Akupressur: Die Stimulation erfolgt durch Fingerdruck auf die Akupunkturpunkte. Es werden keine Nadeln eingesetzt.
- Moxibustion: Die Reizwirkung der Nadeln wird durch zusätzliche Wärme und Heilkräuter wie Beifuß verstärkt. Diese werden meist an den Enden der Nadeln abgebrannt.
8. Für einige Erkrankungen wie chronische Rückenschmerzen übernehmen die Kassen die Behandlungskosten
Eine Akupunkturbehandlung kostet je nach Behandlungsdauer und -aufwand etwa 30 bis 70 € pro Sitzung. Bei einigen Erkrankungen wie chronische Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich oder Migräne bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen einen Teil der Behandlung oder sogar die gesamte Behandlung. Auch viele private Krankenkassen erstatten die Kosten bei Schmerzbehandlungen.
9. Akupunktur dürfen nur Ärzte/ Ärztinnen durchführen, die eine entsprechende Zusatzausbildung haben
Um Akupunkturen durchführen zu dürfen, muss ein Arzt eine spezielle Ausbildung, die meist 200 Stunden Theorie und Praxisübungen umfasst, absolvieren. Anschließend muss eine Prüfung bei der jeweiligen Landesärztekammer abgelegt werden. Einige Ärzte bilden sich darüber hinaus noch weiter aus bis zum Akupunktur-Diplom und/oder bilden sich sogar in China vor Ort fort. Adressen einiger dieser Ärzte erhalten Sie auf der Seite er Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGfA).
10. Referenzen und weiterführende Literatur
- Deutsche Akupunkturstudie (german acupuncture trials, gerac, 2005) - gerac.de
- Deutschen Akademie für Akupunktur - akupunktur-patienten.de/patienten/home.html
- Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. - daegfa.de/Home.aspx
- Patienteninformation der Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. - daegfa.de/aerzteportal/Upload/Documents/Service_Lit_Flyer_Brosch/D%C3%84GfA_Patientenbrosch%C3%BCre.pdf